Cubase Composer Teil 1 Vorbereiten der Sounds
Cubase Composer
PRAXIS
© PPVMEDIEN 2009
Cubase
Composer
>
Teil 1: Vorbereiten der Sounds
I
n dieser Ausgabe starten wir unseren
mehrteiligen Cubase Composer-Work-
shop. Er richtet sich vor allem an Einstei-
ger in das Thema Produktion elektronischer
Musik und vermittelt Ihnen zahlreiche Tricks
und Hilfestellungen bei der Erstellung Ihrer
eigenen Tracks. Obwohl sich der Work-
shop in erster Linie an Steinbergs Cubase
orientiert, können auch Nutzer anderer Au-
diosequencer und Produzenten nicht-elek-
tronischer Stilrichtungen hier übertragbare
Informationen finden und ihr Wissen um
praktische Tipps erweitern.
Eine kurze Einleitung
Die elektronische Musik mit ihren zahlrei-
chen Stilistiken orientiert sich zwar zum Teil
auch an herkömmlichen Songstrukturen,
hat jedoch im Laufe der Zeit eigene Produk-
tionstechniken ausgebildet. Die vorgestellte
Arbeitsweise stellt daher nur einen mög-
lichen Weg von vielen kreativen Herange-
hensweisen dar und ist natürlich nicht als
absolute Richtlinie zu verstehen. Zum bes-
seren Verständnis – und nicht zuletzt um
die Techniken direkt anzuwenden – können
Sie sich die begleitenden Praxisbeispiele
als Cubase-Projekte von unserer Webseite
www.keys.de herunterladen – für alle Cuba-
se-Versionen ab der Versionsnummer 4.
Das „Instrumentarium“
elektronischer Musik
Los geht es mit den Sounds! Um elektro-
nische Musik produzieren zu können, be-
nötigen Sie in erster Linie entsprechende
Sounds, Klänge und Effekte. Hier bietet der
Markt nahezu unüberschaubare Möglich-
keiten und Tools. Aber was brauchen Sie
wirklich? Die folgenden Punkte sollen Ihnen
eine kleine Entscheidungshilfe geben:
• Lassen Sie sich nicht nur vom Namen, der
Bedienoberfläche oder den Presets eines
Tipp: Einzelausgänge für Drums mit HalionOne
HalionOne bietet nur 1 Stereo-Ausgang. Oft
ist es aber sinnvoll, die im Track verwendeten
Drum-Parts in die einzelnen Instrumente wie
beispielsweise Bassdrum, Snaredrum, HiHat
oder Ride aufzuspalten, so dass Sie diese
Instrumente sowohl unabhängig voneinander
verschieben, kopieren aber auch auf separaten
Mixerkanälen abmischen können.
Gehen Sie hierzu wie folgt vor:
• Wählen Sie den entsprechenden Drum-Part
innerhalb einer MIDI- oder Instrumenten-
spur an.
• Klicken Sie im Menü „MIDI“ auf die Funktion
„Parts auflösen“.
• Im sich öffnenden Fenster wählen Sie den Punkt
„Nach Tonhöhen trennen“ sowie die „Optimierte
Anzeige“. Bestätigen Sie Ihre Auswahl.
• Cubase erzeugt jetzt für jede MIDI-Note und
damit auch für jedes Instrument eine eigene
Spur mit den separierten Daten. Die Originalspur
wird dabei stummgeschaltet.
So lösen Sie Parts in ihre Einzelteile auf.
Mit einem Trick verhilft man HalionOne doch zu Einzelausgängen.
• Wenn sie diese Funktion mit einem Part
innerhalb einer Instrumentenspur ausführen,
werden für die neu entstehenden Spuren
automatisch die gleichen VST-Instrumente
mit dem verwendeten Instrument und Sound
geladen.
• Auf diese Weise können Sie alle Drumsounds
getrennt voneinander arrangieren und später mit
Effekten bearbeiten. Vergessen Sie nicht, den
ursprünglichen, automatisch stummgeschalteten
Drum-MIDI-Part mitsamt seiner Instrumentenspur
zu löschen, da er unnötige Rechenleistung
erzeugt.
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KEYS 08/2009
Foto: Shutterstock
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von Holger Steinbrink
Instruments beeindrucken. Generell steckt
in jedem Synthesizer das Potenzial, um
brauchbare Sounds für nahezu jede Stilistik
der elektronischen Musik zu erzeugen. Ach-
ten Sie deshalb vielmehr auf eine möglichst
große Flexibilität bei der Klangerzeugung.
• Die in Cubase enthaltenen virtuellen Syn-
thesizer Prologue, Mystic und Spector so-
wie der A1 aus den früheren Versionen bil-
den bereits eine gute Grundlage für gängige
Bässe, Leads und Effektsounds. Klingt ein
Sound nicht „fett“ oder brillant genug, set-
zen Sie einfach Equalizer oder Effekte wie
Chorus und Delay ein. Ein Geheimtipp für
breite Padsounds von Ambient über Trance
bis hin zu Lounge ist der Embracer.
Beachten Sie: Mystic und Spector sind nur
in Cubase 4 und 5 verfügbar.
Funktion „Im Projektkontext wiedergeben“
aktivieren, werden Audiodateien automa-
tisch an das Songtempo angepasst.
Dazu sollten die Daten aber sauber ge-
schnitten sein. Mit Drag & Drop ziehen Sie
eine Audiodatei dann an eine beliebige
Songposition. Das synchronisierte Tempo
wird hier beibehalten.
3
Die Mod Envelope für das Filter öffnet am
Anfang leicht und schließt schnell, um den
typischen Bassattack zu erzeugen. Gleich-
zeitig wird ihre Intensität über die Anschlag-
geschwindigkeit (Velocity) gesteuert.
4
Die Lautstärkehüllkurve (Amp Env) verläuft
ähnlich wie die Filterhüllkurve und formt so
den Lautstärke-Verlauf des Bass-Sounds.
Der Bass-Sound
Bässe haben in der elektroni-
schen Musik oft zwei Funktionen:
Der sehr dumpfe Offbeat-Tief-
bass unterstützt die Bassdrum
in ihrem Rhythmusfundament
und bleibt vom Grundsound her
meist statisch.
Der typische Bassline-Bass
liegt frequenzmäßig meist ober-
halb der Bassdrum und sorgt
mit einer abwechslungsreichen
Basslinie sowie Klangänderung
durch gezieltes Filteröffnen für
Bewegung im Soundbild. Bass-
Sounds können im Prinzip nahe-
zu alle Synthesizer erzeugen.
Nachfolgend haben wir zwei Bei-
spiele zum Nachprogrammieren
für beide Bass-Typen erstellt:
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Die Drumsounds
• Bei der elektronischen Musik werden oft
vollsynthetische Schlagzeugsounds ver-
wendet. Die beste Lösung für Drumsounds
gibt es nicht, wichtig ist eine ausreichend
große Library mit entsprechenden Klängen.
Wie kommen Sie an Drumsounds? Über
• Sampler mit entsprechenden Libraries wie
Native Instruments Kontakt
• spezialisierte Drumsampler wie Native Ins-
truments Battery oder FXpansion Guru
• spezielle Drumsynthesizer (z. B. Waldorf
Attack)
• Drum-Loops und -sounds von Sample-CDs
• selbst aufgenommene akustische Schlag-
zeugsounds oder Geräusche/Effekte etc.,
die soundtechnisch so verbogen werden,
dass sie nach Schlagzeug klingen.
Der Cubase-interne Sample-Player Halion-
One enthält eine Vielzahl gut einsetzbarer
elektronischer Drumsets. Zwar bietet Ha-
lionOne nur einen Stereo-Ausgang für die
Drumsets, mit einem kleinen Trick lassen
sich aber auch diese Drum-
sounds auf einzelne Mixerka-
näle legen (siehe Kasten). Bei
Cubase 5 sollten Sie unbedingt
1
den neuen Grooveagent One
ausprobieren, den wir in der Cu-
base Zone in der KEYS-Ausga-
be 05/09 vorgestellt haben.
• Aufgrund der immer effiziente-
ren Einbindung von Audiomate-
rial über eine Audiospur werden
vor allem Drumloops und andere
Samples per Drag & Drop direkt
in eine Audiospur geladen, dort
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mit Insert- und Send-Effekten
versehen und ohne Umweg über
einen Sampler wie Halion oder
Kontakt wiedergegeben. Nutzen
Sie hierfür die Mediabay: Wenn
Sie dort im Scope-Bereich die
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Minimal-Schub-Bass
mit dem Monologue
1
Zwei nicht verstimmte, voll
aufgedrehte Sägezahn-Oszilla-
toren erzeugen den fetten Gr-
undsound des Basses. Ein we-
nig Noise (Rauschen) gibt dem
Signal etwas Schmutz.
2
Das 24 dB-Tiefpass-Filter (LP24)
ist fast ganz geschlossen, die Resonanz auf
0. Die Hüllkurve (Mod Env) steuert den Cu-
toff-Verlauf.
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6
Resonanz-Basslinie erzeugt mit dem Prologue.
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Als Effekt empfiehlt sich für einen aggres-
siveren Sound das Overdrive, auf den Ein-
satz weiterer Effekte wurde verzichtet.
Resonanz-Bassline
mit dem Prologue
1
Zwei leicht gegeneinander
verstimmte und oktavierte
Sägezahnoszillatoren
erzeu-
gen den Grundsound des Bas-
ses. Je weniger Verstimmung,
desto mehr Präsenz hat der
Bass.
2
Das 24 dB-Tiefpass-Filter ist
fast ganz geschlossen, aber mit
relativ viel Emphasis (Resonanz)
für das typische „Schmatzen“.
Für einen etwas raueren, druck-
volleren Sound ist der Filter
Drive zuständig
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Die Lautstärkehüllkurve (En-
velope 1) zeigt einen Standard-
Verlauf. Attack wurde etwas
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www.keys.de
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Minimal-Schub-Bass mit dem Monologue.
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aufgedreht, damit der Klang nicht allzu stark
„knackt“.
4
Die Filterhüllkurve (Envelope 2) öffnet in
der Attackphase direkt und schließt dann
schnell, um typisches Bassattack zu erzeu-
gen. Je nach Anschlaggeschwindigkeit (Ve-
locity) klingt der Bass dumpfer oder heller.
5
Das Modulationsrad steuert mehrere Para-
meter gleichzeitig: Filter Cutoff, die Filter-
hüllkurven Decay-Phase zum „Verkürzen“
des Sounds sowie Anhebung der Resonanz
(Emphasis) für extremeres Filterschmatzen.
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Ein zum Songtempo synchronisiertes Stereo
Delay erzeugt gerade bei modulierten Bass-
lines eine abwechslungsreiche Gegenläufig-
keit. Der Chorus sorgt für Breite und Tiefe.
eines HipHop-Grooves. Wir zeigen im fol-
genden Beispiel, wie ein durchsetzungsfä-
higer, aber abwechslungsreicher Trance-
Leadsound aufgebaut ist:
Trance-Lead mit dem Prologue
1
Der Grundklang besteht aus drei gegen-
einander verstimmten und oktavierten Sä-
gezahnoszillatoren. Der rauschartige Cha-
rakter entsteht durch den Einsatz von FM
auf Oszillator 2. Dieser Oszillator basiert zu-
sätzlich auf einer Formant-Wellenform.
2
Das 24 dB-Tiefpass-Filter ist fast ganz ge-
öffnet, mit wenig Emphasis. Auf diese Weise
„überstrahlt“ der Klang nicht alles und der
etwas aggressive FM-Charakter wird ge-
dämpft.
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Es gibt keine Filter-Hüllkurvensteuerung,
da LFO 2 das Filter periodisch „bearbeiten“
soll. Die Lautstärke-Hüllkurve ist kurz und
„präzise“.
4
Die LFO-Modulationen sorgen für Ab-
wechslung: LFO 1 steuert die FM-Intensität
und einen leichte Tonhöhendrift von OSC 1,
LFO 2 erledigt die Tonhöhenänderung von
OSC 2 sowie eine Cutoff-Modulation.
5
Das Modulationsrad schließt das Filter
und steuert dabei auch die Laut-
stärke, da der Sound beim Er-
zeugen mehrerer Stimmen zum
Clipping neigt.
6
Ein synchronisiertes Cross
Delay bringt Abwechslung im
Klangbild und der Stereobreite,
der Flanger Bewegung im Klang.
Der Lead-Sound
Unter einem Leadsound versteht man im
weiteren Sinne einen Klang, der in irgendei-
ner Form an der Melodie eines Songs beteili-
gt ist. Das kann ein einfacher zweistimmiger
Sägezahnlead für eine Trance-Nummer sein,
ein polyphoner Melodiesound für den Re-
frain, ein Arpeggiator-Sequencersound als
„schmückendes Beiwerk“ oder ein typischer
monofoner Leadsound zur Unterstützung
1
2
Die Pad-Sounds
Gerade bei Trance, Ambient
und Lounge/Chillout wird sehr
viel mit Padsounds gearbeitet,
die ein sehr dichtes Songpols-
ter schaffen sollen. Beliebt sind
hierbei die „sehr fett“ klingenden
Synthesizer. Aber Vorsicht: Ein
Pad, welches alleine vielleicht
sehr voll, dicht und breit klingt,
drückt meist im Songkontext
andere Sounds (vor allem Leads
und/ oder Vocals) an die Seite.
Und noch ein Hinweis: Pads mit
hohem Obertonanteil (wie zum
Beispiel Strings) machen das
Frequenzspektrum eines Tracks
schnell dicht, gedämpfte (gefil-
terte) Pads eignen sich hierfür
besser. In unseren Beispielen
möchten wir einen unaufdring-
lichen Teppichsound vorstellen:
Ambient-Pad mit Embracer
Als Beispiel dient uns das Emb-
racer-Preset „Total Recall“ mit
Ambient-Pad mit dem Embracer.
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geringfügigen Modifikationen: Die Attack
von OSC 1 ist etwas stärker aufgedreht, der
„TONE“ von OSC 2 leicht reduziert, um nicht
ganz zu dominant zu wirken.
Die Breite des Klangs resultiert in der Ver-
wendung eines „kleinen“ Effekt-Tricks:
Laden Sie einen Chorus-Effekt in einen
Effektkanal und stellen Sie diesen nach
Wunsch ein.
Richten Sie den Chorus als Send-Effekt
für den Instrumentenkanal mit dem Pad-
Sound ein.
Pannen Sie die Instrumentenspur mit dem
Pad ganz nach links, den Effektkanal mit
dem Chorus ganz nach rechts. Auf diese
Weise erhalten Sie eine sehr unaufdringliche
Breite und eine gute Stereo-Räumlichkeit.
Die Effekt-Sounds
An dieser Stelle Synthesizer-Effekte im
Detail zu beschreiben würde schon ein
Trance-Lead-Sound mit dem Prologue.
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KEYS 08/2009
© PPVMEDIEN 2009
PRAXIS
von Holger Steinbrink
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von Übergängen zwischen zwei
Songbestandteilen verwendet,
zum Beispiel den typischen
„Whoosch-Sound“ in unserem
folgenden Beispiel:
Rauschphase an den Songverlauf anzu-
passen.
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Das Stereo Delay mit kurzen Delay-Zeiten
und hohem Feedback sorgt für einen mini-
malen tonalen Charakter.
4
Whoosch-Sound mit
dem Prologue
1
Bei diesem Sound haben die
Oszillatoren keine Funktion, le-
diglich der Rauschgenerator
erzeugt Rosa Rauschen als Ba-
sis-Signal.
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Das 24 dB-Tiefpass-Filter ist
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ganz geschlossen, die Empha-
sis (Resonanz) leicht aufgedreht.
Drive steigert die Präsenz des
Whoosch-Sounds.
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Hüllkurve 2
(ENVELOPE 2)
steuert das Filter-Cutoff sorgt mit
ihrem Verlauf für den typischen
„Einblend- und Abstopp-Effekt“.
Zum Schluss die Effektsounds.
Die Attack-Zeit bestimmt dabei
die Einblende-Dauer.
ganzes Buch füllen. Hier gibt es unzählige
4
Lautstärke-Hüllkurve 1 läuft parallel zu
Hüllkurve 2 und endet ebenso abrupt.
Attack kann verwendet werden, um die
Sounds. Meist werden diese im Songkon-
text als Füllmaterial oder zur Verstärkung
Und das lesen Sie nächsten Monat
So, die Sounds sind alle vorbereitet. In der
nächsten Folge widmen wir uns der Frage,
wie man Schlagzeug-Grooves program-
miert und wir geben Tipps, wie man knacki-
ge Basslines und typische Hooklines finden
K
kann. Bis dann!
Literatur-Tipp
Weitere Tipps & Tricks rund
um das Thema Arrangieren
und Komponieren mit Cu-
base finden Sie im Cubase
Composers Guide des
Autors Holger Steinbrink,
der bei PPVMEDIEN er-
schienen ist.
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